Mit unserem Bewusstsein hat es eine ganz besondere
Bewandtnis. (21) Der Sitz unseres Bewussteins
ist in unserem Gehirn. Unser Bewusstsein, also unser Erleben, findet aber immer
nur in der Gegenwart statt. Es ist ein ständiges Fließen im Hier und Jetzt (22) und wird nur zeitweise durch bestimmte
Schlafphasen unterbrochen.
Wesentlich für das menschliche Erleben ist das "phänomenale
Selbstmodell", ein bewusstes Modell des Organismus als Ganzes, welches vom
Gehirn aktiviert wird. Inhalt des phänomenalen Selbstmodells ist unser Ego, ein
durch die Evolution geschaffenes extrem nützliches Instrument, das uns dabei
geholfen hat, uns selbst als eine Ganzheit zu begreifen und uns durch Empathie
und soziale Kognition gegenseitig zu verstehen. Subjektive Bewusstheit besteht
aus dem Vorhandensein eines Körperbildes (in Raum und Zeit) und dem subjektiven
Erlebnis der Kontrolle über die eigene Aufmerksamkeit; Innerlichkeit tritt auf
wenn wir die Aufmerksamkeit auf den Körper und den Geist selbst lenken können.
Sprache, Abstraktionen und Symbolbildungen vertiefen die Innerlichkeit. Unser
Gehirn ist in der Lage, mittels eines "Bewusstseins-Tunnels" gedanklich ein
beschränktes, aber für das Leben relevantes
Abbild von Vorgängen und Abläufen in der Natur zu konstruieren. (23)
Obwohl Bewusstsein nur in der Gegenwart, also im ständigen
Fließen des Hier und Jetzt stattfinden kann, kann es Vergangenes gut
nachvollziehen und planend in die Zukunft eingreifen.
Durch Bildung von wissenschaftlichen Gemeinschaften, die
Theorien entwerfen und überprüfen, sich gegenseitig fortwährend kritisieren und
ständig empirische Daten und neue Hypothesen austauschen, können
höherdimensionale Abbilder von der Wirklichkeit gefunden werden.
Das menschliche Erleben, Fühlen und Empfinden ist durch die
irdische Evolution geprägt. Unser Gehirn ist Produkt unserer Evolution, und
damit sind Gefühle und Empfindungen das Produkt evolutionärer Bewertungen in
unserem Gehirn. Derart bekommt die Farbe "Rot" einen besonderen
Empfindungswert. [Möglicher Grund: Früchte sind oft rot]. Ähnliche evolutionäre
Empfindungszuweisungen dürfte es für Schmerz und Triebe geben. (24) Somit hat das Erleben des Menschen und die
damit verbundene Identität eine sehr starke von der irdischen Evolution
abhängige Komponente.
Nicht minder bedeutungsvoll für das menschliche Erleben sind
frühkindliche Schlüsselerlebnisse und Traumen. Diese bewirken eine
differenzierte Wahrnehmungsverarbeitung in Form eines wertenden Reizfilters.
Zusammen mit dem menschlichen Phantasievermögen ist das Resultat einer
Sinneswahrnehmung deshalb weder objektiv noch emotionsfrei. Einen guten
Überblick liefert uns dazu Hans-Otto Thomashoff in seinem Buch "Versuchung des
Bösen". (2009, 40ff).
Fallen menschliche Sinne aus, wie z.B. das Farb- und
Seherlebnis bei einem Blindgeborenen, oder zusätzlich noch das Hörerlebnis bei einem
Taubblinden, so wird durch die Ausgleichsfähigkeit des menschlichen Gehirns die
Erlebnisqualität durch die Schärfung der verbliebenen Sinne kompensiert.
Mögliche gänzlich andere Evolutionen in gänzlich anderen
Welten oder Universen könnten zu gänzlich anderen Erlebniszuweisungen führen.
Die von bedeutenden gegenwärtigen Philosophen nicht mehr grundsätzlich
bestrittene Möglichkeit von einem "Maschinenbewusstsein" würde ebenfalls zu
gänzlich anderen Erlebniszuweisungen führen. (25)
In all diesen Fällen würden die Identitäten aus sehr unterschiedlichen
Inhalten gebildet werden, und ein sich Wiederfinden in einer derart anderen
Identität würde entsprechend erschwert. Dennoch scheint ein grundsätzliches
Verstehen derart anderer Identitäten möglich zu sein, sofern man die
dazugehörige Evolution ausreichend nachvollziehen kann. Ein "universelles
Bewusstsein" scheint somit möglich.
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