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Gedanken zur Selbstbestimmtheit

Gedanken über unsere Identität

Elyse und Paula - ein eineiiges Zwillingspaar

Exkurs zum Phänomen "Bewusstsein"

Gedankenspiele bezüglich unserer Identität

Die Mystik des Einsseins

Gedanken zur Brüderlichkeit

Epilog: Gedanken zum Frühling

Zusammenhalten
© Mag.art Elisabeth Schickmayr

 

 

 

Grundlegende Begriffserklärungen

   

Personale Identität: In der Philosophie gibt es verschiedene Positionen zu diesem Begriff, wobei traditionell der Substanzbegriff eine wichtige Rolle einnimmt. In diesem Essay wird alternativ personale Identität als Prozess verstanden, wie sie z. B. von Anne Sophie Meincke (2019) und Marya Schechtmann (2014) vertreten werden. Hier rückt die biologische Natur des Menschen in den Vordergrund. Organismen, ob menschlich oder nicht, sind dynamische Systeme die für ihre Existenz und für ihr Überleben ständig in Kontakt und in Austausch mit ihrer Umwelt stehen müssen. Daher kann die menschliche Person nur als Prozess verstanden werden, für dessen Identität der Wandel grundlegend ist. Daraus folgt, dass auch Bewusstsein einer ganzheitlichen und dynamischen Sichtweise bedarf.

Eine personale Identität zu haben bedeutet in diesem Sinne, dass infolge der organischen, also einem ständigen Prozess unterworfenen Körperlichkeit jede Person in seiner Ganzheit eindeutig und einzigartig ist, und sie durch ständige Einflüsse einem Wandel unterliegt.

Prinzipien der Vernunft: Bezüglich eines globalen Zusammenlebens wird in diesem Essay davon ausgegangen, dass es Prinzipien der Vernunft im Sinne einer universalistischen Ethik geben könnte, denen sich das vernunftbegabte Wesen Mensch stetig annähern kann. Es bedarf dazu eines Konsenses in einem fair geführten Diskurs. Der Universalitätsanspruch kann nur dann zugesprochen werden, wenn jeder andere, der in den Diskurs eintreten könnte, ebenfalls zusprechen würde. Ausgangspunkt dazu ist die "Konsensustheorie der Wahrheit" von Jürgen Habermas (vgl. 1973, 127-183). Als unbedingt verbindliches Regulativ für die Konsensfindung wurde von Dietrich Böhler der  "Kategorische Imperativ der Diskursethik" aufgestellt: "Bemühe dich um diejenige Argumentation und diejenige Handlungsweise, welche die begründete Zustimmung aller als Partner in realen, rein argumentativ geführten Diskursen finden würde." (Böhler u. Gronke 2011, 559).

Ergänzend dazu sei angeführt, dass für Julian Nida-Rümelin die Diskursethik "ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden normativen Ethik" ist. Sie sei jedoch zu sehr am "homo disputans" orientiert. Ein wesentliches Problem sieht er darin, dass Normen für ihre Geltung der Zustimmung aller in einem praktischen Diskurs bedürfen. Dies kann in der Praxis aber nicht gewährleistet werden. "Die Diskursethik bietet kein Kriterium, Gerechtigkeitsfragen zu klären. Der Interessengegensatz lässt sich nur durch inhaltliche ethische Maßstäbe und nicht durch Rekurs auf die Individualinteressen und die Bereitschaft, diese in einen zwanglosen Diskurs einzuführen, lösen. Kooperation im Sinne struktureller Rationalität verlangt nach einem normativen Standpunkt, der über die Sicherung der Kommunikationsvoraussetzungen hinausgeht." Die Diskursethik setzt strukturell rationale Akteure voraus und kann Geltung nur unter diesen Idealbedingungen beanspruchen (vgl. Julian Nida-Rümelin 2001, 110 - 112).

Als weiteres Beispiel für den Versuch einer universalistische Ethik, denen sich das vernunftbegabte Wesen Mensch stetig annähern kann, wird der kategorische Imperativ von Immanuel Kant angesehen.

Ein Relativismus im Sinne von "alles ist richtig bzw. wahr und nichts ist falsch" wird in diesem Essay ebenso wenig vertreten wie ein dogmatischer oder ideologischer Wahrheits- bzw. Vernunftbegriff.

Wahrheit: Bezüglich Wahrheiten in wissenschaftlicher Hinsicht wird angenommen, "dass es eine reale Welt gibt, dass sie gewisse Strukturen hat, und dass diese Strukturen teilweise erkennbar sind". Dies entspricht der Position des "Hypothetischen Realismus" wie er von Gerhard Vollmer: Evolutionäre Erkenntnistheorie (vgl. 1981, 35) vertreten wird.  Karl Popper, Hans Albert und viele andere haben das Falsifikationsprinzip als Königsweg für den Prozess des Erkenntnisfortschritts beschrieben. Dieser Prozess sei am ehesten in der Lage, sich der Prinzipien und Strukturen der realen Welt stetig anzunähern, bzw. sich Abbilder von ihnen anzueignen. Mit Wahrheit ist somit ein Wissen von der Realität gemeint, insofern es der ständigen Überprüfung standhält. Und gerade als Techniker wird man ständig darin bestätigt, dass die Annäherungen an eine vorhandene Realität z. B. in der Atomphysik, in der Elektrotechnik, in der Nachrichtentechnik, oder in der Astrophysik, um nur einige zu nennen, sehr gut standhalten, und auch mit einer hohen Treffsicherheit Prognosen ermöglichen. Wie sonst wäre es möglich gewesen, erstmalig auf den Mond zu landen oder die Kernenergie vorherzuberechnen.

Oder man denke nur an die Medizin, wie weit die Behandlungsmöglichkeiten bereits fortgeschritten sind, und wie erfolgreich viele Krankheiten geheilt werden können. Mit gutem Grund kann deshalb angenommen werden, dass in der Medizin ein sehr umfangreiches Wissen existiert, dass dieses Wissen der Wahrheit nahe kommt, und somit das Wissen in der Medizin Annäherungen an Tatsachen sind.

Weiters wird bei Formalwissenschaften wie Mathematik, Logik und Geometrie davon ausgegangen, dass zwischen "Wahr" und "Falsch" unterschieden werden kann.

Ethik: In diesem Essay wird zur genaueren Definition zwischen geschlossener und offener Ethik unterschieden:

Unter geschlossene Ethik wird hier verstanden, dass sie aus dogmatischen Lehren resultiert, dadurch unantastbar ist, weder hinterfragt noch kritisiert werden kann, und dadurch sich einer laufenden Weiterentwicklung verschließt. Sie ist auf das Individuum bezogen, und tendiert zu Schuldzuweisungen.

Eine offene Ethik bezieht sich dagegen ausschließlich auf das gesellschaftliche Zusammenleben, schließt dabei alles Leben mit ein, und hat Fairness sowie Mitgefühl zur Grundlage. Sie ist konsensorientiert, hinterfragbar, einer wissenschaftlichen Kritik zugänglich, nicht beliebig, und steht dadurch einer stetigen Weiterentwicklung offen. Nicht auf destruktive und lähmende, auf das Individuum bezogene Schuldzuweisungen wird gesetzt sondern auf konstruktive und Taten setzende Wiedergutmachung.

Teile-Ganzheit Beziehung: "Konstituieren" ist ein aus der Mereologie (37) stammender Begriff, der für die aus dem strukturierten Zusammenwirken von Teilen synchron neu erscheinende Eigenschaft einer Ganzheit steht. Die neue Eigenschaft tritt also gleichzeitig mit dem strukturierten Zusammenwirken seiner Teile auf. Das Erscheinen der neuen Eigenschaft erfolgt nicht kausal oder interaktiv, sondern synchron.

System Theorie: Insbesondere biologische Systeme können zum besseren Verständnis in einem vertikalen Stufenbau organisiert gedacht werden. Dabei werden im Übergang von der Mikroebene hinauf zur Makroebene neue Eigenschaften oder Verhaltensweisen konstituiert. Es kann nur "bottom-up" konstituiert werden.

Eine ausführliche Behandlung weiterer Begriffe und philosophischer Positionen, die für dieses Essay von Bedeutung sind, finden sich im nachfolgenden Kapitel "Positionierung des Textes".

 

   
   
   
   
 

 

 

 
     

 

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