Unsere Identität ist an unser Leben gebunden, und unterliegt
einem Wandel. Unser "Ich" ändert sich also ständig und es ist sehr stark von
der Umgebung, von der Kultur etc. abhängig. Nachfolgend einige Gedankenspiele
zu unserer Identität, die zwar teilweise sehr konstruiert erscheinen mögen, aber
dennoch das Wesen unserer Identität begreiflich machen.
Wären die Eltern in unserer frühen Kindheit in eine ferne
und fremde Kultur ausgewandert, so hätte dies einen starken Einfluss auf unsere
Identität genommen. Angenommen aber, wir wären einige Jahrhunderte früher
geboren worden, welch enorm anderen Weg hätte dann die Entwicklung unserer
Identität genommen? Der Weg wäre wohl derart anders verlaufen, dass wir uns
nicht mehr mit uns selbst identifizieren könnten. (26)
Angenommen es gäbe Fälle, bei denen Personen durch einen
Unfall das Gedächtnis verlieren würden. In solchen Fällen wüsste zwar der
Betroffene, dass er vor dem Unfall gelebt haben muss, könnte sich aber mit
diesem Leben nicht mehr identifizieren. Ein dramatischer Zustand - man wüsste,
dass man zuvor gelebt haben muss, aber man könnte davon kein Wissen haben! Man
stelle sich vor, dieser Unfall würde irgendwo in der Ferne passieren, und man
hätte kein Dokument mit Namen, Adresse oder sonstigen Anhaltspunkten bei sich,
die auf die ursprüngliche Identität verwiesen. Es würde lange dauern oder sogar
unmöglich sein, die ursprüngliche Identität wiederzufinden. Man müsste in
diesem Fall ein zweites Leben ohne Bezug zu seinem Vorleben beginnen!
Ein weiteres Gedankenspiel: Wir brauchen zum Leben unseren
Körper. Allerdings ist es auch bekannt, dass viele unserer Zellen ständig
erneuert werden. Somit ist auch eines klar, bestimmte Materie macht unseren
Körper und damit unseren Geist nicht aus, sondern nur besonders strukturierte
Materie. Rein theoretisch könnte sich die derart strukturierte Materie irgendwo
oder irgendwann im Universum identisch wiederfinden. Und die Schlussfolgerung
ist ebenso unglaublich, aber wie ich meine eindeutig: In einer bestimmten
Weise, also nicht in unserem Verständnis als die gleiche Person, aber mental
wäre dieses "Du" auch "Ich"! Dazu nochmals angemerkt, bewusstes Erleben kann
immer nur in der Gegenwart, also im Hier und Jetzt stattfinden, und ist somit
unabhängig von Raum und Zeit.
Ein wesentliches Merkmal einer Person ist sein zugehöriger
Körper, sein Funktionieren als Organismus, sein Eingebettet sein in eine
Umwelt, seine erlebte Vergangenheit, sowie seine Bezogenheit auf die Zukunft.
Wünsche, Ziele, und damit notwendigerweise auch Gefühle werden erst durch einen
Raum-Zeit Bezug, also durch die organisch-funktionale Kontinuität einer Person
möglich. Ohne diese Kontinuität, zu der Vergangenes und Zukünftiges gehört,
gäbe es keine Zielstrebigkeit, keine Bedürfnisse, kein Befindlichkeiten, kein
Selbstbewusstsein, keine personale Identität.
Zuvor wurde berichtet, dass sich unser "Ich" stetig ändert
und wir uns aber dennoch mit unserem geänderten "Ich" identifizieren können. Es
bedürfte somit gar keines identischen Doppels, um sich in einem "Du"
wiederfinden zu können. (27)
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