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Gedanken zur Selbstbestimmtheit

Gedanken über unsere Identität

Elyse und Paula - ein eineiiges Zwillingspaar

Exkurs zum Phänomen "Bewusstsein"

Gedankenspiele bezüglich unserer Identität

Die Mystik des Einsseins

Gedanken zur Brüderlichkeit

Epilog: Gedanken zum Frühling

Toskana
© Mag.art Elisabeth Schickmayr

 

 

 

Elyse und Paula - ein eineiiges Zwillingspaar (20)

   

Elyse und Paula trafen nach 35 Jahren im Jahre 2003 in New York erstmalig zusammen. Die eineiigen Zwillinge wurden mit 5 Monaten getrennt, und zur Adoption freigegeben. Weder den Adoptiveltern noch den Zwillingen war bekannt, dass es eine Zwillingsschwester gab. Erst nachdem ein Zwilling nach Informationen über ihre leibliche Mutter suchte, erhielt das Zwillingspaar von der Adoptivagentur die Information über die Existenz der eigenen Zwillingsschwester. Später erfuhren sie, dass die vermittelnde Agentur in den USA gezielt eineiige Zwillinge gesucht hatte, die nach der Geburt zur Adoption freigegeben wurden, um für Studienzwecke die Auswirkung unterschiedlicher Umwelteinflüsse zu erforschen.

Das Zusammentreffen löste bei beiden Zwillingsschwestern, die zu 100% identisches Erbgut besitzen, eine Flut von Emotionen aus, und für beide begann ein völlig neuer Lebensabschnitt mit vielen Höhen und Tiefen. Als Elyse sechs war starb ihre Adoptivmutter, und da sie zu ihrer neuen Stiefmutter keine besonders nahe Beziehung aufbauen konnte, löste sie sich früh von ihrem Elternhaus. Mit 30 emigrierte sie nach Paris, und lebte dort als Single in einfachen und ungebundenen Verhältnissen. Paula wuchs dagegen bei ihren Eltern in liebevollen, stabilen und wohlhabenden Verhältnissen auf, fand mit 29 Jahren ihren geliebten Ehemann, bekam zwei Kinder, und genoss ihre harmonischen Familienverhältnisse mindestens so sehr, wie ihren Beruf.

In vielen persönlichen Merkmalen glichen sich die Schwestern wie zwei Abbilder, weshalb sie sich trotz ihrer Fremdheit nach dem ersten Zusammentreffen sofort sehr vertraut und verbunden fühlten. Es zeigten sich aber auch bald erhebliche Irritationen, hervorgerufen einerseits durch die unterschiedlichen Erwartungen der Zwillingsschwestern, und andererseits durch die Infragestellung ihrer Identität. Elyse suchte besonders die Nähe zu ihrer Zwillingsschwester, während Paula  Angst  davor hatte. Elyse als Single hatte andere Bedürfnisse als Paula, die in der Familie ihre Bestimmung fand. Obwohl keine von Beiden mit den Verhältnissen der Anderen tauschen wollte, stellten sich beide die Frage, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wären sie jeweils zu den anderen Adoptiveltern gekommen, oder wären sie von einem Elternpaar gemeinsam adoptiert worden. Es benötigte einige Jahre, um diese Angst vor der anderen Identität abzulegen, und sich mit der Idee anzufreunden, dass Elyse ebenso gut Paula, und Paula ebenso gut Elyse hätte sein können. In ungezwungenen Augenblicken überwog aber stets die beinahe euphorische emotionale Nähe der beiden Zwillingsschwestern zueinander, ein typisches Phänomen bei eineiigen Zwillingen.

 

   
   
   
   
 

 

 

 
     

 

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